
So muss sich ein Drogentrip anfühlen, wenn man gleichzeitig betrunken ist und Fieber hat – anders lässt sich My Friendly Neighborhood kaum beschreiben. Was optisch wie ein Kinderprogramm auf Crack aussieht, entpuppt sich spielerisch als erstaunlich cleverer Mix aus Survival-Horror, Puzzle-Game und Psychospielchen.
Eure Mission klingt erstmal banal: Ihr sollt das Sendesignal eines alten TV-Studios abschalten. Weil plötzlich wieder ausgestrahlt wird, aber eben nicht mit normalen Programmen, sondern mit... naja, eher verstörender Unterhaltung. Also heißt es: Ab auf das Studiogelände und Antenne kappen.
Die Nachbarschaft ist alles andere als freundlich
Schon nach wenigen Minuten begegnet ihr den ersten knuddelig-gruseligen Gegnern – den besagten Puppen. Und die sind nicht zum Kuscheln da. Mit einer Buchstaben-Knarre (ja, richtig gelesen, ihr verschießt das Alphabet) und einer Rohrzange versucht ihr, euch durchzuschlagen. Wer clever ist, kombiniert Schleichen, Rennen und strategisches Verstauen von Gegnern (Klebeband statt Zombie-Feuerzeug, sehr nachhaltig!).
Resident Evil Vibes – aber familienfreundlich
Das Spiel klaut nicht nur liebevoll bei Resi, es verbeugt sich richtig tief:
- Farbkarten, die zeigen, ob ihr alles eingesammelt habt
- Symbol-Schlüssel für passende Türen
- Ein Inventar mit begrenztem Platz (natürlich als Koffer!)
- Eine magische Truhe für's Item-Backtracking
- Und sogar klassische Tür-Animationen
Dazu kommen knackige Rätsel, bei denen ihr Items suchen, Plakate analysieren oder versteckte Hinweise kombinieren müsst. Wer gerne Notizen durchforstet und kombinatorisch denkt, kommt hier voll auf seine Kosten. Achja, die Gegner werden nicht verbrannt, sondern mit Klebeband gefesselt um sie für immer ruhig zu stellen.
Horror? Jein.
Die Puppen murmeln und rennen auf euch zu – teilweise mit Gebrüll. Klar, ein paar Jumpscares sind drin. Aber wer Horrorgames wie „Outlast“ oder „Amnesia“ kennt, wird hier eher nostalgisch kichern als panisch schreien. Was aber bleibt, ist eine bedrückende Atmosphäre und die permanente
Ressourcen-Knappheit: Munition und Heilung sind rar, der Platz begrenzt – Planung ist Pflicht.
Kurz gesagt:
Statt schrecklicher Monster, Blut und Gore erwartet euch eine verstörend-beklemmende Atmosphäre, die mit ihren ständig murmelnden Puppen-Gegnern ganz eigene Albträume liefert. Die Altersfreigabe ab 6 Jahren wirkt dabei völlig fehl am Platz, denn auch ohne explizite Gewalt fühlt sich dieser Titel alles andere als kinderfreundlich an.
Die Welt ist verwinkelt, Gegner tauchen nach erneutem Betreten oft an neuen Stellen auf, und wer nicht plant, wird schnell von Munitionsmangel und engen Inventargrenzen überrollt. Die Rätsel reichen vom klassischen „Finde Schlüssel XY“ bis zu wirklich kniffligen Aufgaben. Wer genau hinschaut, wird belohnt – wer nur durchrennt, bleibt stecken.
Der Schwierigkeitsgrad ist selbst auf „Normal“ fordernd, der Loot knapp bemessen, und wer beim Einsatz von Münzen unüberlegt handelt, darf sich auf großzügige Rücksetzungen freuen.
My Friendly Neighborhood ist schräg, einzigartig und auf eine seltsame Art faszinierend. Für Horrorfans, die etwas Neues suchen, ohne auf Spannung und Substanz zu verzichten, ist dieser Titel definitiv ein Geheimtipp. Nur mit harmloser Kinderunterhaltung hat das hier absolut nichts zu tun.
Kommentar hinzufügen
Kommentare